Interview_Sebastian_Witt

Mit Feedback-Kultur zum Erfolg

Personalentwicklung

Von KlinikRente | Fotos: Patrick Schulze — 05.02.2020

Mit Feedback-Kultur zum Erfolg

Interview mit Sebastian Witt, Kanzlei BENDER HARRER KREVET

Wie können Arbeitgeber die Leistung ihrer Mitarbeiter positiv beeinflussen? Anwalt Sebastian Witt erklärt, welche Möglichkeiten Führungskräfte und Personalleiter bei der Bewertung ihrer Mitarbeiter haben und wie sich eine Feedback-Kultur positiv auf die Leistungen der Arbeitnehmer auswirken kann.


Welche Möglichkeiten haben Arbeitgeber im Umgang mit guten und schlechten Leistungen?

Viele Personalleiter oder Führungskräfte sind sich oft nicht bewusst, dass sie überhaupt die Möglichkeit haben, Leistungen sowohl ins Positive als auch ins Negative zu beeinflussen. Es gibt arbeitswissenschaftliche Untersuchungen über positive Einflussfaktoren. Der entscheidendste und kritischste Faktor ist im Grunde die Führung selbst, die eben nicht nur Leistungen entgegennehmen oder nicht entgegennehmen darf, sondern reagieren kann und muss. In der freien Wirtschaft sprechen viele Unternehmen über Incentivierung, also Maßnahmen zur Steigerung der Arbeitgeberattraktivität, die Geld kosten und sich ganz offensichtlich aus der Masse herausheben. Im Krankenhaussektor fehlt dafür möglicherweise das Geld. Nichtsdestotrotz kann man über Lob, Anerkennung und Einbindung positive Leistungen nochmals deutlich stärken.

Bei schlechter arbeitenden Mitarbeitern ist das Gegenteil der Fall. Hier muss man zwischen verschiedenen Faktoren unterscheiden. Handeln die Mitarbeitenden möglicherweise schlecht, weil sie nicht genau wissen, was von ihnen erwartet wird? In diesem Fall hilft es, Erwartungen nochmals klar zu kommunizieren und nachzufragen, ob der Mitarbeitende alle notwendigen Informationen besitzt, um seine Arbeit vernünftig und zufriedenstellend auszuführen. Wichtig ist auch, den Mitarbeitenden Feedback zu geben, ob und an welchen Stellen sich die Person verbessert hat oder nicht. Natürlich gibt es auch Mitarbeitende, bei denen die schlechte Leistung nicht mit fehlenden Informationen zu begründen ist, sondern mit dem Wollen und der inneren Einstellung. Auch hier ist eine klare Kommunikation wichtig, auch wenn es am Ende des Tages in solchen Fällen oftmals zu einer Trennung kommt.

Was passiert innerhalb des Unternehmens, wenn ein Mitarbeiter entlassen wird?

Die Entlassung eines Mitarbeitenden löst verschiedene Effekte innerhalb des Unternehmens aus. Zunächst hat man als Arbeitgeber einen Kostenfaktor weniger, der möglicherweise die Abteilung nicht weitergebracht hat. Zweitens erzeugt eine Kündigung auch einen Effekt bei den übrigen Beschäftigten. Diese erkennen, dass sich das Erbringen von Leistung lohnt. Und wer nicht leistet, ist eben nicht mehr Teil des Teams. Das führt üblicherweise auch zu einer Verbesserung der Arbeitsmoral. Denn die Kündigung eines Mitarbeitenden ist bei Weitem nicht so demotivierend wie ein Kollege, der ständig hinter den Erwartungen zurückbleibt, immer zu spät kommt und eine höhere Fehlzeitquote hat. Und am Ende des Tages tragen die schlechten Leistungen dieser Person keine Konsequenzen.

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Wie sollte der Arbeitgeber bei schlechten Leistungen keinesfalls reagieren?

Aus meiner Sicht ist die schlechteste Lösung das Nichtstun. Leider kommt es in der Praxis häufig vor, dass Unternehmen auf schlechte Leistungen nicht reagieren. Schlechtleistungen werden zur Kenntnis genommen, aber in keiner Weise thematisiert. Weder gibt es ein Feedback noch eine Abmahnung, geschweige denn irgendwann die Konsequenz, dass jemandem gekündigt wird.

Mit allen drei Aspekten hängt zusammen, dass Gespräche mit einem Mitarbeitenden über dessen Leistung dokumentiert werden müssen. Wenn es keine Dokumente gibt, in denen eine Führungskraft klar darlegen kann, dass der Mitarbeitende in einem Gespräch auf seine Defizite aufmerksam gemacht wurde und Maßnahmen zur Besserung vorgeschlagen wurden, könnte eine Kündigung vor Gericht angefochten werden.

Wie ist die Sicht der Arbeitnehmer auf Instrumente zur Leistungsbewertung? Wirken sich diese eher negativ oder positiv auf die Arbeitsmoral aus?

Viele Führungskräfte sorgen sich, dass Mitarbeitende, die regelmäßig bewertet werden und Feedback erhalten, Ängste vor negativer Kritik entwickeln könnten. Das ist auch etwas, was viele Betriebsräte in sich tragen und weshalb das Thema Feedback-Kultur von Betriebsräten häufig kritisch betrachtet wird. Aus Erfahrung kann ich sagen, dass in den meisten Fällen das Gegenteil der Fall ist. Dort, wo eine Feedback-Kultur eingeführt wurde und die Menschen erfahren haben, dass es um sachbezogene Kritik geht, dass es darum geht, darüber zu sprechen, was gut oder weniger gut läuft, hat das im Regelfall zu einer Verbesserung der Produktivität geführt.

Untersuchungen in der Arbeitswissenschaft haben gezeigt, dass Menschen, die sowohl positives als auch negatives Feedback erhalten, sich daraufhin überwiegend darauf konzentrieren, die negativen Punkte abzustellen. Deshalb gibt es grundsätzlich eine positive Reaktion auf eine gelebte, eingeführte Feedback-Kultur. Unternehmen ohne Feedback-Kultur schützen im Wesentlichen nur diejenigen, die aufgrund ihrer Leistungen überwiegend negatives Feedback bekommen würden. Der Großteil der Mitarbeitenden würde nicht fortwährend negatives Feedback erhalten. Feedback-Kultur heißt nicht nur Kritisieren um des Kritisierens willen, sondern durchaus ein Feedback geben. Positiv wie negativ.

Welche drei großen Herausforderungen sehen Sie für Krankenhäuser in Bezug auf Performance-Management in den nächsten zwei bis drei Jahren?

Die größte Herausforderung wird sein, das Thema Performance-Management strukturiert zu etablieren. Die überwiegende Zahl der Krankenhäuser verfügt darüber nicht. Bei vielen ist die Rolle von Führungskräften nicht klar definiert und das Thema Führung wird nicht als aktiver Teil ihrer Aufgabe wahrgenommen. Ich glaube aber, dass man die Menschen dazu befähigen muss zu führen. Das kommt nicht von jetzt auf gleich und braucht einen Vorlauf von zwei bis drei Jahren. Die größte Herausforderung dabei ist zum einen, die Ressourcen frei zu machen und das auch konsequent durchzuhalten. Oftmals sind der Kostendruck, die Notwendigkeit, Prozesse zu optimieren, Projekte voranzutreiben und der Zeitdruck, der damit verbunden ist, für Führungskräfte schon so immens, dass sie Probleme haben, ständig den gesetzgeberischen Anforderungen gerecht zu werden und irgendwie den Kopf über Wasser zu halten. Um nicht nur den Anforderungen zu entsprechen, sondern auch am Arbeitsmarkt mit Employer Branding zu bestehen, kann eine Feedback-Kultur helfen, Fachkräfte zu gewinnen.


Sebastian Witt ist Fachanwalt für Arbeitsrecht und Partner der Kanzlei BENDER HARRER KREVET. Herr Witt ist bekannt für die Begleitung komplexer Krankenhausrestrukturierungen und hat einen Lehrauftrag für strategisches Personalmanagement im Krankenhaus. In 2015/16 war er Leiter der Abteilung Personal und Allgemeine Verwaltung des Klinikums Darmstadt.