Volker Pape By Nils Lucas 2017

Neue digitale Chancen für die Mitarbeiterfortbildung

Personalentwicklung

Von KlinikRente | Fotos: Nils Lucas — 26.06.2018

Neue digitale Chancen für die Mitarbeiterfortbildung

Interview mit Volker Pape, verantwortlicher Leiter für Aus-, Fort- und Weiterbildung im Zentralbereich Bildung und Personalentwicklung der Gesundheit Nordhessen Holding AG

Die Digitalisierung verändert Prozesse im Krankenhaus. Für die Mitarbeiterfortbildung bietet die digitale Transformation enorme Chancen. Diese Auffassung vertritt Volker Pape, der bei der Gesundheit Nordhessen AG die Aus-, Fort- und Weiterbildung verantwortet. Als Beispiel stellt er die Kassel School of Medicine vor.


Herr Pape, was bedeutet aus Ihrer Sicht die digitale Transformation für Wissensmanagement und Fortbildung im Krankenhaus?

Volker Pape: Die Bedeutung der digitalen Transformation für diese beiden Aspekte kann man gar nicht hoch genug einschätzen. Auf der einen Seite steigen die Qualitätsansprüche an Krankenhäuser, auf der anderen Seite haben wir immer mehr selbstbewusste Patientinnen und Patienten, die häufig vor dem Arztbesuch schon Doktor Google konsultiert haben. Also muss der Arzt sich mit seinem Wissen absolut auf Höhe der Zeit bewegen. Doch statistisch gesehen hat ein Mediziner nur rund zehn Prozent des Wissens, das er für die Berufsausübung braucht, im Kopf gespeichert. Deshalb braucht er smarte Methoden, um digital über das Wissen zu verfügen. Ein schneller Zugang zu Wissensdatenbanken ist wichtig. An der Digitalisierung dieses Wissens führt daher kein Weg mehr vorbei, und auch Fortbildungsangebote lassen sich heutzutage in vielen Bereichen mit E-Learning gut steuern.

Wie wirkt sich die Digitalisierung des Wissens auf das Krankenhauspersonal aus?

Im besten Fall haben Krankenhäuser informierte Mitarbeiter, die bereit sind, sich diesen Themen zu öffnen und sich dieser Quellen zu bedienen. Wenn der Prozess jedoch falsch gestaltet wird, fühlen sich Teile der Mitarbeiterschaft im schlimmsten Fall abgehängt. Das kann zu inneren Kündigungen führen. Deshalb ist es sehr wichtig, die Mitarbeiter mitzunehmen.

Warum ist denn digitales Wissensmanagement gerade
im Krankenhaus so wichtig?

Wir beobachten gerade eine Wissensexplosion im medizinischen Bereich. Medizinisches Wissen verdoppelt sich derzeit ungefähr alle vier Jahre. Das ist in vielen anderen Branchen nicht der Fall. Deshalb ist das Krankenhaus besonders gefordert. Es muss das explodierende Wissen nutzbar machen. Auch die DIN EN ISO 9001 hat den Krankenhäusern 2015 ins Pflichtenheft geschrieben, dass sie bis 2018 ein strukturiertes Wissensmanagement nachweisen müssen. Und letztlich hat digitales Wissensmanagement natürlich auch mit Risikomanagement und Patientensicherheit zu tun.

Volker Pape By Nils Lucas

Wie geht denn Ihr Unternehmen mit dem Thema um?

Wir sind ein Unternehmen mit 5.000 Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen und haben bereits 2012 angefangen, uns mit digitalem Wissensmanagement zu befassen. Zuständig für Fortbildungen ist unser Zentralbereich Bildung und Personalentwicklung. Am Anfang standen die Pflichtschulungen auf der Agenda. Wenn Sie 5.000 Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen jährlich im Brandschutz schulen wollen, brauchen Sie rund 50 Veranstaltungen. Das ist nur mit einem enormen Aufwand realisierbar. Daher haben wir nach E-Learning-Möglichkeiten gesucht und gute Erfahrungen damit gemacht. Wir konnten deutlich mehr Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter schulen und wir konnten es auch viel besser und einfacher dokumentieren. Das hat uns angespornt, diesen Weg weiterzugehen. Daraus hervorgegangen ist schließlich die Kassel School of Medicine.

Was ist das Besondere an der Kassel School of Medicine?

Die Kassel School of Medicine bietet zusammen mit der University of Southampton in England ein bilinguales Medizinstudium. Studierende gehen zwei Jahre nach Southampton und verbringen drei Jahre bei uns in der Medical School. Die zentrale Lerneinheit für die Studierenden ist das studentische E-Learning-Portal. Vorlesungen werden zum Teil direkt aus Southampton übertragen. Im Gegenzug werden Prüfungsleistungen nach England übertragen: Die Prüfung wird in Kassel abgehalten, der Prüfer in Southampton schaut sich das auf dem Bildschirm an.

Wo spielt E-Learning in Ihrem Unternehmen sonst noch eine Rolle?

Wir sind ein großer Ausbilder mit ungefähr 450 Auszubildenden. Bei der Ausbildung arbeiten wir mit einer Lernplattform, die auf dem System ILIAS basiert. Ein weiterer Bereich ist das sogenannte Klinikwissen – ein Wissensportal, das aktuelles medizinisches Wissen bündelt und mit sehr guten Suchtools verfügbar macht. Es ist bei uns im Intranet für alle verfügbar. Ergänzend ist jetzt noch unser Lern-Managementsystem hinzugekommen. Damit steuern wir Pflichtfortbildungen und mittlerweile auch weitere Fortbildungen im pflegerischen Bereich. Wir können dort eigene Inhalte, wie etwa Lehrvideos, einstellen und externe Inhalte dazu kaufen. Die Fortbildungen werden teils in Form von Blended Learning als Kombination aus E-Learning und Präsenzunterricht und teils als reine E-Learning-Einheiten angeboten. Damit haben wir zum Beispiel beim Basic Life Support die Präsenzzeiten deutlich gesenkt. Denn die Lernenden können den theoretischen Teil im E-Learning absolvieren, bevor sie an der Puppe reanimieren. Das spart viel Zeit und letztlich auch Geld.

Was sind die großen Herausforderungen bei der Einführung dieses Lernmanagementsystems?

Die große Herausforderung war die technische Seite, weil wir das zu einer Zeit eingeführt haben, als unsere ganze IT-Struktur im Umbruch war. Es war nicht immer ganz einfach, beim Programmieren die gleiche Sprache zwischen dem Softwareanbieter, unserer IT und unserem Lernbereich zu finden. Die nächste Herausforderung bestand darin, alle Endgeräte im Krankenhaus mit Sound auszustatten, auch wenn das banal klingt. Die schwierigste Hürde war aber, die Geschäftsführung und den Betriebsrat davon zu überzeugen, dass E-Learning auch von zu Hause aus Sinn macht. Jetzt werden den Mitarbeitern für Pflichtschulungen bestimmte Zeitwerte angerechnet, wenn sie nachweisen, dass sie die Schulung zu Hause absolviert haben. In der freiwilligen Fortbildung arbeiten wir noch an der Festlegung von validen Zeitwerten. Doch inzwischen ist die Akzeptanz auf allen Seiten gut und wir sind zuversichtlich, dass wir diesen Weg weitergehen können.

Volker Pape ist der verantwortliche Leiter für Aus-, Fort- und Weiterbildung im Zentralbereich Bildung und Personalentwicklung der Gesundheit Nordhessen Holding AG. Seit 2012 ist er mit dem Einsatz von E-Learning im Pflichtschulungsbereich vertraut.