Luise Müller by Nils Lucas

Eine Idee, die nur Gewinner produziert

Personalentwicklung

Von KlinikRente | Fotos: Nils Lucas — 10.04.2018

Eine Idee, die nur Gewinner produziert

Interview mit Luise Müller von der Zentralen Auslands- und Fachvermittlung der Bundesagentur für Arbeit

Krankenhäuser und Pflegedienste schaffen es nicht immer alleine, dem Fachkräftemangel in Pflegeberufen zu begegnen. Unterstützung erhalten sie von der Bundesagentur für Arbeit: Sie hilft neben der bundesweiten Vermittlung, Arbeitskräfte aus dem Ausland anzuwerben, und hat dafür das Projekt Triple Win ins Leben gerufen. Ein Gespräch mit Luise Müller von der Zentralen Auslands- und Fachvermittlung.

Frau Müller, was steckt hinter dem Projekt Triple Win?

Über das Projekt Triple Win vermittelt die Bundesagentur für Arbeit gemeinsam mit der Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit ausgebildete Pflegekräfte. Aktuell konzentrieren wir uns in unserer Kooperation auf vier Länder: Bosnien-Herzegowina, die Philippinen, Serbien und Tunesien.

Warum ausgerechnet diese vier Länder? Reicht das denn aus?

Das Projekt Triple Win wurde ins Leben gerufen, um Pflegekräfte für den Arbeitsmarkt in Deutschland zu gewinnen. Die vier Länder gehören zu einem Pilotprojekt, das im Jahr 2013 an den Start ging. Die Grundlagen für das Projekt bilden bilaterale Absprachen zwischen Deutschland und den jeweiligen Herkunftsländern. Deren Auswahl beruht auf verschiedenen Kriterien. In erster Linie wird darauf geachtet, dass das Land einen Überschuss an Pflegekräften zu verzeichnen hat. Hierzu orientieren wir uns am Verhaltenskodex der Weltgesundheitsorganisation WHO. Weiterhin muss das Land an einer Zusammenarbeit mit Deutschland hinsichtlich legaler Migration interessiert sein. Unsere zentralen Partner sind hier die Arbeitsverwaltungen oder -Ministerien der jeweiligen Länder. Drittens ist auch die Vergleichbarkeit der Ausbildungen wichtig, damit die berufliche Anerkennung in Deutschland möglich ist.

Neben der reinen Vermittlung ist Ihnen auch die Integration der ausländischen Pflegekräfte ein Anliegen. Was unternehmen Sie alles?

Es geht damit los, dass wir immer mehrere Pflegekräfte an eine Einrichtung vermitteln, um einen sozialen Rückhalt unter den Neuankömmlingen sicherzustellen. Die Fachkräfte erhalten ein festgelegtes Mindestgehalt und sind den deutschen Arbeitnehmern des Betriebes gleichgestellt. Wir begleiten den gesamten Migrationsprozess, von der Visabeantragung bis hin zur beruflichen Anerkennung in Deutschland, und beraten Krankenhäuser und Pflegedienste zu allen Fragen der Integration. Diese Vorgehensweise stellt ein stabiles und auf Dauer angelegtes Arbeitsverhältnis sicher. Unsere Erfahrungen sind gut, wie zum Beispiel die Zusammenarbeit mit dem Krankenhaus Barmherzige Brüder in Regensburg zeigt.

Die Kliniken gehören also zu den Gewinnern, wenn sie sich am Projekt Triple Win beteiligen, die ausländischen Fachkräfte auch. Wer ist der dritte Gewinner im Bunde?

Das sind die jeweiligen Herkunftsstaaten. Wir rekrutieren ausschließlich Fachkräfte in Ländern, die einen Überschuss an gut ausgebildeten Pflegekräften aufweisen. Auf diese Weise werden die Arbeitsmärkte in den kooperierenden Ländern entlastet. Die Menschen wiederum profitieren von einer neuen beruflichen Perspektive und tragen zur Deckung des wachsenden Bedarfs an qualifiziertem Pflegepersonal in Deutschland bei. Ein Gewinn für alle Seiten, deshalb Triple Win.

Luise Müller by Nils Lucas

Wagen Sie eine Prognose, wie sich der internationale Austausch von Pflegekräften in Zukunft entwickeln wird?

Es ist davon auszugehen, dass der internationale Austausch in Zukunft zunehmen wird. Gleichzeitig zeichnet sich bereits ab, dass das Potenzial des europäischen Arbeitsmarktes in naher Zukunft ausgeschöpft sein dürfte, da die meisten Länder Europas dieselbe demografische Entwicklung durchlaufen. Der Austausch wird deshalb zunehmend auf einer globaleren Ebene stattfinden.

Werden also Pflegekräfte aus dem Ausland den Pflegenotstand in Deutschland eindämmen?

Der internationale Austausch, also das Anwerben von Pflegekräften aus dem Ausland, ist als ergänzendes Standbein in der Rekrutierung gedacht. Es sollte eines vom mehreren Instrumenten in der Personalgewinnung bleiben, von denen die Erschließung inländischer Potentiale das Wichtigste bleibt. Voraussetzung für den Erfolg bei all diesen Maßnahmen ist, dass das Berufsbild der Pflegekraft insgesamt wieder an Attraktivität gewinnt, um sowohl inländisch als auch im Ausland konkurrenzfähig zu sein.

Was meinen Sie damit?

Wie schon gesagt, stehen die meisten europäischen Länder vor derselben demografischen Herausforderung: Während die Lebenserwartung und die Zahl der Pflegebedürftigen steigt, geht das Erwerbspotential zurück. Deutschland muss daher im Vergleich zu anderen europäischen Ländern wettbewerbsfähig sein, die ebenfalls international auf der Suche nach Pflegekräften sind. Die Frage ist also, wie attraktiv sich Deutschland für eine Pflegekraft gestaltet, die hier ein neues Leben beginnen und arbeiten möchte. Dazu ist es notwendig, nicht nur das Berufsbild zu betrachten, sondern auf internationaler Ebene auch die Attraktivität Deutschlands als Arbeits- und Migrationsland.

Luise Müller ist seit 2015 für die Zentrale Auslands- und Fachvermittlung der Bundesagentur für Arbeit im Projekt Triple Win tätig. Davor setzte sie sich im Rahmen ihres Studiums an der Uni Passau mit dem Thema Arbeitsmigration in Mittelosteuropa auseinander.

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